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Historisches aus Sandersdorf

Polen im Sandersdorfer Braunkohlengebiet 1880 – 1960

Um 1900 sind in der Gemarkung Sandersdorf 10 Braunkohlentagebaue in Betrieb [1, S. 136–137], einige mit angeschlossenen Brikettfabriken und Ziegeleien. Davon gehören die Braunkohlenwerke "Louise" Sandersdorf und "Deutsche Grube" Zscherndorf von 1890 bis 1900 zu den führenden Gruben in der Provinz Sachsen [2, S. 46 und 103]. Die Belegschaft für die Braunkohlenwerke um Sandersdorf wird in [3, S. 390, nach W. BELLMANN] mit 1200, davon 377 Ausländer, angegeben.

 



Bild 1. "Schöne Aussicht" in die "Grube Richard" 1903

In fast 50 Jahren, von 1871–1919, wächst die Einwohnerzahl in Sandersdorf von 550 auf 3856 Einwohner. Die für den Betrieb der Braunkohlengruben und chemischen Werke in Bitterfeld benötigten Arbeitskräfte ziehen größtenteils von außerhalb zu [3, S. 390]. Ausländische, meist ungelernte, Arbeiter aus Polen, Galizien, Kroatien, Russland, Italien und der Slowakei siedeln an. Ihre Unterbringung erfolgt anfangs in Wohnbaracken mit sehr primitiver Ausstattung. Wohnbaracken bzw. Arbeiterkasernen, im Volksmund "Bullenkloster" genannt, gibt es in den Kohlenwerken "Louise" und "Richard" [4], teils mit untragbaren Zuständen. Im Ort sind keine freien Wohnungen vorhanden, es herrscht Wohnungsnot. Mehrgeschossige Wohnhäuser mit einfachen Mietwohnungen werden gebaut. Die meisten polnischen Zuwanderer (über 90 Prozent) kommen aus der preußischen Provinz Posen. Im Jahr 1905 sprechen in Sandersdorf fast ein Viertel der Einwohner polnisch. [6]

An der Forschungsstelle für Wirtschafts– und Sozialgeschichte Ostmitteleuropas der Europa–Universität Viadrina Frankfurt (Oder) wird von 2004–2007 im Projekt "Polen im Bitterfelder Braunkohlenrevier 1880–1960 …" geforscht. Autor des Forschungsprojektes ist Dr. Johannes Frackowiak, der 2004–2007 als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an dieser Forschungsstelle tätig war.

In seinen folgenden Veröffentlichungen wird auch über die polnischen Zuwanderer in Sandersdorf, deren Organisationen und Vereinen berichtet. Einerseits wollten sie sich mit der neuen Heimat identifizieren, andererseits konnten sie anfangs die Rückbesinnung zur eigenen Ethnizität und zum polnischen Staat nicht aufgeben.

Johannes Frackowiak
Abschlussbericht "Polen im Bitterfelder Braunkohlenrevier 1880–1960" [5]

http://www.kuwi.euv-frankfurt-o.de/de/lehrstuhl/kg/wisogeschi/forschungsstelle/ abgeschlossene_forschungsprojekte/abschlussbericht_projekt_bittefeld.pdf)

Johannes Frackowiak
Arbeitsmigranten und/oder Einwanderer?
Polen in Mitteldeutschland 1880–1945 [6, S. 71–98]

http://www.imis.uni-osnabrueck.de/pdffiles/imis29.pdf

Diese Veröffentlichungen stehen unter den angegebenen Adressen als pdf–Dateien zur Verfügung.

Quellenverzeichnis:
[1] Chronik des Braunkohlenbergbaues im Revier Bitterfeld, Herausgeber: Bitterfelder Bergleute e.V. 1998
[2] Gericke, H.O.: Braunkohle – einstiger Reichtum Sachsen–Anhalts
Zur Geschichte des Braunkohlenbergbaues in der ehemaligen Provinz Sachsen und dem Lande Anhalt bis 1945
Beiträge zur Regional– und Landeskultur Sachsen–Anhalts, Heft 21, 2002
ISBN 3–928466–42–9
[3] Chronik des Braunkohlenbergbaues im Revier Bitterfeld.
– Technik und Kulturgeschichte in zwei Jahrhunderten – 1998
– Band III – 2004
Herausgeber: Bitterfelder Bergleute e. V.
[4] Abschrift der Gebäudesteuerrolle der Gemeinde Sandersdorf v. 15.6.1911, Bd. I und II, Gemeindearchiv Sandersdorf.
[5] Johannes Frackowiak: Abschlussbericht zum Forschungsthema "Die polnische Minderheit im Bitterfelder Braunkohlenrevier 1880–1960", Forschungsstelle für Wirtschafts– und Sozialgeschichte Ostmitteleuropas der Europa–Universität Viadrina Frankfurt (Oder).
[6] Johannes Frackowiak: Arbeitsmigranten und/oder Einwanderer? Polen in Mitteldeutschland 1880–1945, IMIS–Beiträge 29 (2006), S. 71–98. Herausgeber: Vorstand des Instituts für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien (IMIS) der Universität Osnabrück.
Bildnachweis
Bild
1 Postkartenverlag Gustav Kohl, Sandersdorf.
L. Braust, Sandersdorf

Bearbeitet: K.P. Synnatzschke, 19. Dezember 2009

Letzte Änderung: 19. Dezember 2009

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