Klaus Peter Synnatzschke
Nach dem Grundgesetz geht alle Staatsgewalt vom Volke aus [1, Artikel 20, (1)]. Der Einfluss des Volkes ist dabei auf die Wahl der Abgeordneten für die Parlamente beschränkt. Alle weiteren Entscheidungen werden staatlichen Organen übertragen, welche jedoch durch die Wahl direkt oder indirekt legitimiert sein müssen. [2, S. 22]
Die Weimarer Republik hat gezeigt, dass parlamentarische Demokratie ohne funktionsfähige Parteien nicht möglich ist. Sie wirken an der politischen Willensbildung des Volkes mit. Von den Parteien wird erwartet, dass sie zwischen Politik und Gesellschaft vermitteln. [2, S. 21]
Erst mit der Gründung der Bundesrepublik werden die Parteien in den Teil der Verfassung aufgenommen, der die Organisation von Bund und Ländern regelt.
"Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung muss demokratischen Grundsätzen entsprechen." ... [1, Artikel 21 (1)]
Die Wahlen, bei denen die Stärke der beteiligten Parteien festgestellt wird, bestimmen auch darüber, wer regieren und die Möglichkeit erhalten soll, sein politisches Programm zu verwirklichen. Bei den regelmäßig wiederkehrenden Wahlen wird über Entzug oder Zuteilung von Macht entschieden. Das ist die wirksamste Berücksichtigung der im Volk vorhandenen Meinungen und Interessen. [2, S. 23]
In der folgenden Abhandlung wird das Wahlverhalten der Sandersdorfer Wähler und Wählerinnen dargestellt, soweit die Wahlergebnisse für den Ort überliefert sind. Wissentlich werden die absoluten Wahldaten nicht wiedergegeben. Wegen des besseren Vergleichs der Ergebnisse der wiederkehrenden Wahlen werden alle Daten prozentual angegeben.
Ungeachtet staatlicher Sozialpolitik (fortschrittliche Sozialgesetzgebung) und fortlaufender Verbesserung des Lebensstandards für große Teile der Bevölkerung bleibt das soziale Problem bestehen. Wähler geben zunehmend ihre Stimme der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD). [2, S. 52] Von der Sozialdemokratie spaltet sich am 6./8. April 1917 der linke Flügel ab und gründet die Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD). Die neue Partei opponiert gegen das herrschende Regierungssystem, aber auch gegen die den Krieg unterstützende SPD. [3, S. 760]
Bild 1. Gemeindewahl vom 2. März 1919 [4, S.74]
Das von Mitgliedern katholischer Konfession zusammengehaltene Zentrum verfügt als Partei des Katholizismus im Reich über einen festen Wählerstamm um die 20 Prozent. In der Deutschen Zentrumspartei sind nahezu gleichmäßig Angehörige aller sozialen Schichten vertreten. [2, S. 52]
Die "Polen" ist eine Partei, die die Interessen einer auch hier lebenden polnischen Minderheit vertritt. Ab 1870 wandern verstärkt ausländische Arbeitskräfte zu, darunter viele Polen, die in den entstehenden Braunkohlengruben und Fabriken arbeiten. Um 1910 besteht hier die Fabrik– und Grubenarbeiter–Bevölkerung bis zu einem Drittel aus Polen.
Bild 2. Gemeindewahl vom 4. Mai 1924 [4, S.74]
Bild 3. Reichstagswahl am 12. Januar 1912 und Stichwahl am 22. Januar 1912 [4, S. 74 u. 75]
Bild 4. Wahl zur Nationalversammlung und zur preußischen Landesversammlung 1919 [4, S. 75]
Aus der Vereinigung von Spartakusbund und Bremer Linksradikalen geht am 1. Januar 1919 die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) hervor [3, S. 775]. Auf dem Parteitag der USPD in Halle, am 12./17. Oktober 1920, wird wegen des Anschlusses an die in Moskau gegründete 3. (Kommunistische) Internationale gestritten. Im Verlauf wechseln die Befürworter des Anschlusses zur KPD, während die unterlegene Minderheit die USPD vorerst weiterführt. [3, S. 789] Ernst Thälmann wird am 1. September 1925 zum Vorsitzenden der KPD gewählt. Hierdurch wird der zunehmende Einfluss der sowjetischen Kommunisten auf die Politik der KPD sichergestellt. [3, S. 817]
Die am 5. Januar 1919 gegründete "judenreine" Deutsche Arbeiterpartei (DAP) nennt sich ab Februar 1920 Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) [3, S.785]. Am 25. Juli 1920 wird Adolf Hitler zum Parteivorsitzenden der NSPAP gewählt. Er erhält seinem Willen entsprechend diktatorische Vollmachten. Im August 1921 wird die Sturmabteilung (SA) der NSDAP gegründet. [3, S. 794] Die NSDAP propagiert einen fanatischen Antisemitismus und aggressiven Nationalismus. Ein großer Teil des Mittelstandes, der sich während der Weltwirtschaftskrise um seine Existenz sorgt, erweist sich für die verführerischen Parolen der Nationalsozialisten empfänglich. Von den meisten Parteien wird die nationalsozialistische Dynamik unterschätzt. [2, S. 60]
Sandersdorf als "Industriearbeiter-Wohnsitzgemeinde" wählt überwiegend die linken Parteien wie KPD, USPD und SPD (Bild 1, 2, 4, 5 und 7).
Bild 5. Reichstagswahlen 1924 bis 1933 [4, S.74] [5] [6] [7] [8]
Bild 6. Reichspräsidentenwahl vom 10.04.1932 (2. Wahlgang) [9]
Das abweichende Stimmverhalten im Reich und in Sandersdorf (Bild 6) bei der Reichspräsidentenwahl vom 10.04.1932 zeigt sich wie folgt:
Wahlergebnisse der Reichspräsidentenwahl vom 10. April 1932 (2. Wahlgang) Stimmverteilung in Prozent
Thälmann Hindenburg Hitler
Reich 10,1 53,2 36,7 [3, S. 854] Sandersdorf 46,1 32,2 21,7 [9]
Reichspräsident Paul von Hindenburg ernennt am 30. Januar 1933 den Führer der NSDAP, Adolf Hitler, zum Reichskanzler. Es wird eine Regierung aus NSDAP und Deutschnationaler Volkspartei (DNVP) gebildet. Das genannte Datum geht in die Geschichte als "Machtübernahme der NSDAP" bzw. Beginn des "Dritten Reiches" ein. Neben der Kanzlerschaft und zwei Ministerposten fordert Hitler die Kontrolle über die preußische Polizei und sofortige Neuwahlen. [3, S .862]
Unmittelbar nach dem Brand des Reichstagsgebäudes setzt Reichspräsident Paul von Hindenburg am 28. Februar 1933 durch eine "Notverordnung zum Schutz von Volk und Staat" wesentliche Grundrechte außer Kraft. Die Regierung erhält vollständige Handhabe gegen alle Feinde des Regimes. Eigenmächtige Maßnahmen der Polizei sowie die der Sturmabteilung (SA) und Schutzstaffel (SS) der NSDAP gelten als legal. Aufgrund dieser Verordnung werden innerhalb kurzer Zeit Tausende Menschen, vorwiegend Kommunisten, auch Sozialdemokraten und linke Intellektuelle inhaftiert. Angehörige der SA und SS quälen und foltern ihre verhafteten Opfer und beschlagnahmen auch den Besitz der politischen Gegner. [3, S. 865]
Der Wahlkampf der demokratischen Parteien für die am 5. März 1933 angesetzten Reichstags- und Landtagswahlen steht allerorts unter dem Merkmal terroristischer Einschüchterung. Die Versammlungen Andersdenkender werden durch Schlägertrupps der SA gestört und damit die politische Tätigkeit verhindert.
Bei der Reichstagswahl am 5. März 1933 erlangt die NSDAP insgesamt 288 Mandate (43,9 %), verfehlt aber die absolute Mehrheit im Reichstag. Diese erzielt sie immerhin gemeinsam mit ihrem Koalitionspartner DNVP, die 8 % der Stimmen erhält. Die 81 Abgeordneten der KPD befinden sich bereits in Schutzhaft, sind untergetaucht oder geflohen. Ihre bei der Wahl erreichten Mandate werden mit Bezug auf die "Notverordnung zum Schutz von Volk und Staat" am 8. März 1933 aufgehoben. [2, S. 64] [3, S. 865]
Letztlich konnten nationalsozialistische Propaganda und die Anwesenheit der SA im Wahllokal (Bild 7 u. 8) das bisherige Stimmverhalten in Sandersdorf nicht wesentlich beeinflussen. Die Wähler geben der KPD und SPD insgesamt die meisten Stimmen (Bild 5, 9 und 10).
Bild 7. Nationalsozialistische Propaganda im Wahllokal (Turnhalle)
Bild 8. Präsenz der SA am Wahltag 5. März 1933 im Wahllokal (Turnhalle)
Das abweichende Stimmverhalten im Reich und in Sandersdorf (Bild 5) bei der Reichstagswahl vom 5. März 1933 zeigt sich wie folgt:
Wahlergebnisse der Reichstagswahl vom 5. März 1933 in Prozent
KPD SPD NSDAP Zentrum Andere
Reich 12,3 18,3 43,9 11,2 14,3 [2, S.61] Sandersdorf 44,7 13,4 26,1 10,8 5,0 [8]
Bild 9. Landtagswahlen 1932 und 1933 [10] [11]
Für die Wahl der neuen Gemeindevertretung am 12. März 1933 werden die Wahllisten
vorgelegt. Die nationalen Kreise haben sich wieder auf eine einheitliche Liste,
ähnlich der abgelaufenen Periode geeinigt:
Hausbesitz, Gewerbe, Industrie, Arbeiter, Angestellte und Beamte haben sich zu
der Liste "Wirtschaftlich – nationale Arbeitsgemeinschaft" zusammengefunden.
Weiter wird eine Liste "Nationalrevolutionäre Kampfgemeinschaft" eingereicht.
Mit den Listen der Katholiken, der SPD und der KPD hat der Wähler also die
Auswahl unter fünf Listen. [31]
Bild 10. Gemeindewahl vom 12. März 1933 [12]
Am 23. März 1933 nimmt der Reichstag das "Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich" (Ermächtigungsgesetz) an, das beinahe alle Grundrechte außer Kraft setzt. Unter diesen Bedingungen eines dauernden Ausnahmezustandes, in dem Legislative und Exekutive zusammengelegt werden, wird das parlamentarische Regierungssystem tatsächlich abgeschafft. [3, S. 867]
Auch in den Kommunen wird das "Führerprinzip" durchgesetzt. Die Länderparlamente werden aufgelöst, an ihre Stelle tritt der Reichsstatthalter. Abgeschafft werden die parlamentarischen Instanzen im Kreis, alle Verfügungsgewalt wird auf den Landrat übertragen.
In den Gemeinden wird das Amt des Beauftragten der NSDAP eingeführt. Der erst am 12. März 1933 in Sandersdorf gewählte Gemeinderat wird beseitigt. Der bisherige Gemeindevorsteher Engel wird durch den Beauftragten der NSDAP in seinem Amt bestätigt. An die Stelle der gewählten Gemeindevertretung werden jetzt vom Beauftragten der NSDAP ausgewählte "Beigeordnete des Gemeindevorstehers" eingesetzt.
Gemeindevorsteher Engel verpflichtete die Gemeindevertreter in der am 04.04.1933 stattfindenden Gemeindevertretersitzung durch Handschlag und führte etwa folgendes aus: "Als am 19. Januar die frühere Vertretung zum letzten Male tagte, dachte wohl niemand, dass je solche Veränderungen eintreten würden. Die Tatsache, wie groß die Not im Volk ist, ist wohl vor allem der Grund des gewaltigen Ruckes nach rechts." ... Es folgte ein dreimaliges Hoch auf die Reichsregierung. Der Gemeindevorsteher gab dann noch formal bekannt, dass die kommunistischen Vertreter nicht eingeladen werden dürfen. [32]
Das von der nationalsozialistischen Regierung am 14. Juli 1933 erlassene "Gesetz gegen die Neubildung von Parteien" bestimmt die NSDAP zur einzigen legalen politischen Partei Deutschlands. Alle anderen Parteien werden verboten. [3, S. 869] Dem am 12. November 1933 neu gewählten Reichstag gehören nur noch Abgeordnete der NSDAP an [2, S. 64].
Der neue Sandersdorfer Gemeinderat tritt erstmalig nach Inkrafttreten des neuen Gemeindeverfassungsgesetzes am 19.02.1934 zusammen, wobei auch Stützpunktleiter Schulz und Truppführer Senge teilnehmen. Eine Satzung über die Zusammensetzung des Gemeinderates wird erlassen. Danach wird der Gemeinderat sich in Zukunft aus den Schöffen, dem örtlichen Leiter der NSDAP, dem Standortältesten der SA sowie neun Gemeinderäten zusammensetzen. [33]
In Sanderdorf werden 30 Personen auf Grund ihrer politischen Einstellung gegen den Nationalsozialismus in Zuchthäuser, Gefängnisse und Konzentrationslager eingesperrt oder polizeilichen Repressalien ausgesetzt [13].
Mit der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht endet am 8. Mai 1945 der II. Weltkrieg in Europa. Am 5. Juni 1945 übernehmen die Regierungen der Vier Mächte — Frankreich, Großbritannien, Sowjetunion und USA — die oberste Regierungsgewalt in Deutschland, bis hin zu den Verwaltungen der Städte und Gemeinden. Sie teilen das Land in vier Besatzungszonen auf, Berlin unter einer Militärkommandantur in vier Sektoren. Die oberste Gewalt übernimmt ein Kontrollrat aus den vier alliierten Oberbefehlshabern, jeder in seiner Zone, gemeinsam und anfangs einstimmig in Angelegenheiten für ganz Deutschland. [14, S.19]
Die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD) konstituiert sich am 9. Juni 1945 in Berlin-Karlshorst. Die organisiert sich auch auf Länder-, Provinz-, Kreis-, Stadt- und teilweise Ortsebene. Da die SMAD den politischen Kurs bestimmt und die deutsche Verwaltung kontrolliert, übt sie faktisch die Souveränität in der SBZ aus. Ab dem 10. Juni 1945 gestattet die SMAD die Gründung antifaschistischer Parteien und Organisationen in der SBZ (15.06.1945 SPD und FDGB, 26.06.1945 CDU, 03.07.1945 Kulturbund, 05.07.1945 LDPD, 07.03.1946 FDJ, 09.03.1947 DFD). Für sie besteht Registrierungspflicht und sie sind der Kontrolle der SMAD unterworfen. Die KPD schlägt als erste Partei bereits am 11.06.1945 ein Aktionsprogramm zur Bildung eines antifaschistischen Blocks demokratischer Parteien vor. Die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) wird durch die Zwangsvereinigung der KPD mit der SPD am 21./22. April 1946 gegründet. Vereinigungsgegner aus den Reihen der SPD werden von der SMAD verhaftet oder mit Redeverbot bestraft. Häufig wird auf Weisung sowjetischer Kommandanten örtlich die Vereinigung von KPD und SPD vorweggenommen. [14, S. 31 – 35]
Im September 1945 wird mit 600 Mitgliedern die Ortsgruppe Sandersdorf der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) gebildet.
Noch vor den ersten Gemeinderatswahlen erfolgt am 1. Mai 1946 der Zusammenschluss der Ortsgruppen KPD und SPD zur SED–Ortsgruppe mit 1468 Mitgliedern.
Mit der ersten nach Kriegsende durchgeführten Wahl zum Gemeinderat wird den Bürgern wieder direkter Einfluß auf die Kommunalpolitik ermöglicht.
Das Anti-Nazi-Komitee Sandersdorf beschließt in einer am 09.08.1946 stattfindenden Sitzung 13 Bürger auf Grund ihrer Zugehörigkeit zur NSDAP und deren Gliederungen vom Stimmrecht (§ 3 der Wahlordnung) bei der Gemeindewahl am 08.09 1946 auszuschließen. Mehrere der betroffenen Bürger erheben Einspruch gegen diese Entscheidung. Den geprüften Einsprüchen von zwei Bürgern wird stattgegeben und ihnen das Wahlrecht erteilt. [15]
Die Wahl zum Gemeinderat am 08.09.1946 hat das folgende Ergebnis [15]:
Bild 11. Gemeindewahl vom 8. September 1946 [15]
Die zur Landtagswahl für den 20.10.1946 von der CDU und LDP aufgestellten Kandidaten im Kreis Bitterfeld werden nicht zugelassen. In einem Schreiben begründet das der Landrat wie folgt [15]:
Der L a n d r a t des Kreises Bitterfeld Bitterfeld, den 14. Oktober 1946 An die Herren Bürgermeister und Gemeindevorsteher des Kreises Betr.: Kreistagswahlen Ich bitte, die nachstehende Bekanntmachung in ortsüblicher Weise zum Aushang zu bringen. B e k a n n t m a c h n u n g Der Kreiswahlausschuss — zusammengesetzt aus Vertretern der drei Blockparteien — hat in zwei öffentlichen Sitzungen festgestellt, dass die von der LDP und CDU eingereichten Wahlvorschläge zu den Kreistagswahlen nicht den Vorschriften des § 36 Abs. 1 der Wahlordnung entsprechen. Der Kreiswahlausschuss hat auf Grund des § 8 der Wahlordnung einstimmig beschlossen, die Wahlvorschläge der LDP und CDU weder zuzulassen noch festzusetzen. Bitterfeld, den 13. Oktober 1946 Der Vorsitzende des Kreiswahlausschusses gez. Baudi, Landrat [15]
Bild 12. Stimmzettel vom 20. Oktober 1946 [15]
Unter vorstehender Einschränkung ist das Ergebnis der Wahl zum Landtag vom 20.10.1946 zu sehen (Bild 13).
Bild 13. Landtagswahl vom 20. Oktober 1946 [15]
Am 15./16.05.1949 werden die Delegierten zum 3. Deutschen Volkskongress in der SBZ erstmalig nach einer Einheitsliste des "Demokratischen Blocks" von der wahlberechtigten Bevölkerung mit 2/3 Ja– und 1/3 Neinstimmen gewählt. Der 3. Volkskongress wählt am 29./30. Mai 1949 aus seinen Reihen den 2. Deutschen Volksrat, der sich am 7. Oktober 1949 als Provisorische Volkskammer konstituiert und die Verfassung in Kraft setzt (Gründung der DDR). [14, S. 37 – 38]
Abschlussprotokoll über das Endergebnis der Delegiertenwahl zum 3. Deutschen Volkskongress vom 15. und 16. Mai 1949 in Sandersdorf [15]
Zahl der Wahlberechtigten 4703 Gesamtzahl der abgegebenen Stimmen 4618 Zahl der abgegebenen Ja-Stimmen 3003 65,02 % Zahl der abgegebenen Nein-Stimmen 1423 30,81 % Zahl der ungültig erklärten Stimmen 192 4,16 %
1950 wird in der DDR die Nationale Front (NF) gegründet — am 07.01.1950 konstituiert sich das Sekretariat und am 03.02.1950 der Nationalrat als Führungsgremium der NF — als ein Zusammenschluss aller politischen Parteien und Massenorganisationen unter der Führung der SED. Unter maßgeblichem Einfluss der SED koordiniert die NF die politische "Arbeitsteilung" unter den Parteien. Sie organisiert die Aktivitäten im Umfeld von Wahlen zu den staatlichen Vertretungsorganen auf allen Ebenen, stellt die Wahlkandidaten in einer geschlossenen Einheitsliste auf, u.a. .[3, S.956]
Die SED bestimmt das politische Geschehen, selbst wenn das in der Anzahl ihrer Mandate zu den Volksvertretungen nicht zum Ausdruck kommt. Nach einem festen Verteilungsschlüssel entfallen von den 500 Mandaten der Volkskammer auf die SED 127 (25,4 %), auf die Blockparteien CDU, LDPD, DBD und NDPD je 52 (10,4 %). Die übrigen Mandate erhalten die Massenorganisationen FDGB 61 (12,2 %), FDJ 37 (7,4 %), DFD 32 (6,4 %), Kulturbund der DDR 21 (4,2 %) und wieder ab 1986 die VdgB 14 (2,8 %). Da die Abgeordneten der Massenorganisationen in der Regel SED–Mitglieder sind, besitzt formal die SED die absolute Mehrheit. Unabhängig davon erfolgen die Abstimmungen in der Volkskammer meistens einstimmig. [2, S. 71]
Am 15.10.1950 finden die Wahlen zur Volkskammer, den Land– und Kreistagen sowie den Gemeindevertretungen statt. Da es nur noch Einheitslisten gibt, steht das Ergebnis von vornherein fest. Bereits im Juli sind die Sitze nach einem Verteilungsschlüssel, der faktisch der SED die absolute Mehrheit garantiert, verteilt worden.
Wahlberechtigte 4919 Abgegebene Stimmzettel 4877 Wahlbeteiligung: 99,15 % Gültige Stimmzettel 4876 Ungültige Stimmzettel 1 Zahl der Stimmen für die Kandidaten der Nationalen Front 4874 99,96 % gegen die Kandidaten der Nationalen Front 2 0,04 %
Alle weiteren Wahlen in der DDR zeigen auf allen Ebenen das typische Ergebnis mit jeweils zirka 99% Wahlbeteiligung und Stimmen für die Einheitsliste. Eigentlich ist die Zahl der Ja–Stimmen bei den Wahlen ohne Bedeutung, da eine Alternative zur Kandidatenliste der NF nicht besteht. Diese Ergebnisse werden immer wieder als großer Erfolg propagiert.
Die Nationale Front (NF) stellt zu Beginn der Wahlperiode die Wahlkandidaten der geschlossenen Einheitsliste in Versammlungen vor. Teilnehmer dieser Versammlungen bringen des öfteren Beschwerden und Forderungen vor, um deren Lösung man sich noch vor dem Wahltag bemüht. Die Überbringer der Wahlbenachrichtigungskarten im Ort nehmen auch vorgetragene Wünsche und Beschwerden auf und leiten diese weiter. Letztlich geht es darum, die Wahlbeteiligung eines jeden Wahlberechtigten zu sichern. Einige Arbeitskollektive, Brigaden, Hausgemeinschaften, u.a. verpflichten sich, besonders früh oder sogar geschlossen zur Wahl zu gehen. Sich daran nicht zu beteiligen ist kaum möglich. [17]
Der Wahlsonntag zeigt sich überall mit Fahnen, Wimpeln und Transparenten geschmückt. Die Staats– und Sicherheitsorgane sind in erhöhte Wachsamkeit versetzt. Für die Zustimmung zur Einheitsliste der Kandidaten der NF reicht es aus, den gefalteten Wahlzettel in die Wahlurne einzuwerfen. Kranke, alte und gebrechliche Menschen können ihren Wahlzettel in eine so genannte "fliegende Wahlurne" geben. Diese öffentliche Zustimmung ist erwünscht und üblich. Die Wahl selbst wird deshalb im Volksmund als "Zettel falten" bezeichnet. Wer Veränderungen vornehmen oder den Wahlvorschlag ablehnen will, sucht die einsam in einer Ecke des Wahllokales stehende Wahlkabine auf, lenkt die Blicke der Wahlkommission auf sich und macht sich verdächtig. Einige Stunden vor Schließung des Wahllokals durchsucht die Wahlkommission die Listen nach nicht erschienenen Wählern. Wahlhelfer ("Schlepper") suchen diese in der Wohnung auf, um sie von der Wichtigkeit ihrer Wahlbeteiligung zu überzeugen. Die wenigen Wahlberechtigten, die sich aus Protest der Wahl verweigern, richten sich mitunter für den Wahltag so ein, dass sie für die "Schlepper" unauffindbar bleiben. [17]
Bezirks– und Kreistage und örtliche Volksvertretungen werden nach dem gleichen Verfahren wie die Volkskammer gewählt. Vielfach beschränkt sich das Engagement der Abgeordneten auf die Zustimmung und Umsetzung der Beschlüsse der SED. Dagegen konnte in der örtlichen Volksvertretung gerade bei Sachentscheidungen wie Wohnungs– und Straßenbau, Kindergärten und Schulen, Versorgungseinrichtungen, Kultureinrichtungen usw. widersprochen werden. So manche Entscheidung übergeordneter Stellen erfährt die Korrektur oder Ablehnung, dass sie zum Gewinn für die Bevölkerung wird. [17]
Abstimmungsergebnis für Sandersdorf [15]: Abstimmungsberechtigte 4955 abgegebene Stimmen 4942 Beteiligung 99,74 % abgegebene gültige Stimmen 4918 Ja–Stimmen 4594 93,41 % Nein–Stimmen 324 6,59 % ungültig erklärte Stimmen 24 0,49 %
Bild 14. Abstimmungsschein zur Volksbefragung [16] | |
Bild 15. Plakat zur Volksbefragung am "Gasthof Sandersdorf" in der Hauptstraße 5 |
Die Gemeindevertreter beraten am 29.07.1954 über die Vorbereitung der am 17. Oktober 1954 stattfindenden Volkskammerwahl, denn es gehört zur "politischen Pflicht" der Gemeinde und ihrer Bürger, dass die Wahlbeteiligung und die Stimmen für die Einheitsliste nahe 100% liegen [18].
Aus dem Protokoll auszugsweise die folgenden Diskussionsbeiträge [18]:
"Gen. K. ging hierbei auf die Blockpolitik ein und wies daraufhin, daß es nicht Sinn und Zweck ist, daß sich die Parteien gegenseitig mürbe machen, sondern daß es darauf ankommt, daß die würdigsten und fähigsten Vertreter als Kandidaten aufgestellt werden. Aus diesem Grunde wurde auch beschlossen, die Kandidaten im Rahmen der Nationalen Front aufzustellen." [18]
"Gemeindevertreterin B. wies daraufhin, daß die Volksbefragung schon ein sichtbarer Erfolg gewesen ist im Kampf für den Frieden. Wir müssen aber noch aktiver arbeiten, denn es gibt jetzt noch Einwohner, die behaupten, daß sie nicht zur Wahl kommen, da ihre Partei nicht aufgestellt wird. Diese Einwohner sind sich nicht bewußt, wie wichtig es ist, daß wir die Aktionseinheit der Arbeiterklasse hergestellt haben. Es ist deshalb unsere Aufgabe, uns noch aktiver einzusetzen, damit die Volkswahl noch einen günstigeren Verlauf nimmt." [18]
In Auswertung der zu den Gemeindevertretersitzungen geführten Teilnehmerlisten konnte für das Jahr 1954 die Zugehörigkeit der Gemeindevertreter zu Parteien und Organisationen wie folgt festgestellt werden [18]:
17 Gemeindevertreter davon 6 SED 4 CDU 3 LDPD 1 DFD (Mitglied der SED) 1 VVN (Mitglied der SED) 1 FDJ (Mitglied der SED) 1 FDGB (Mitglied der SED)
Die Gemeindevertreter von DFD, VVN, FDJ und FDGB, in Besitz des Parteibuches der SED, verschaffen der SED im Gemeinderat die absolute Mehrheit.
In der im Volksentscheid am 6. April 1968 mit 94,5 % Ja–Stimmen angenommenen Verfassung wird der Führungsanspruch der SED gesichert [19 ,S. 129]... "Sie ist die politische Organisation der Werktätigen in Stadt und Land, die gemeinsam unter Führung der Arbeiterklasse und ihrer marxistisch–leninistischen Partei den Sozialismus verwirklichen." ... (Artikel 1)
Bild 16. Offener Brief in Vorbereitung der Wahlen zur Volkskammer und den Bezirkstagen zum 16. November 1958 [20]
Die letzten in der DDR durchgeführten Wahlen sind die Kommunalwahlen vom 7. Mai 1989. 98,95% der Wähler (98,77% Wahlbeteiligung) stimmen offiziell für die Einheitsliste der Nationalen Front. Mitglieder von Oppositionsgruppen nehmen flächenhaft an den öffentlichen Stimmauszählungen mehrerer Wahlkreise teil. Sie vergleichen die Ergebnisse mit den amtlich verkündeten Wahlergebnissen und stellen dabei Fehlbeträge fest. Ihre Anzeigen wegen Wahlfälschung werden als feindliche Aktivitäten zurückgewiesen. Wahlleiter Egon Krenz (SED) bestreitet alle Wahlmanipulationen und –fälschungen. Sie lassen sich erst nach der "politischen Wende" nachweisen. [14, S. 364]
6255 wahlberechtigte Bürger 6214 (99,34%) an der Wahl beteiligte Bürger 6154 (99,03%) stimmen für den Wahlvorschlag der NF 60 (0,97%) Bürger stimmen dagegenDie örtliche Volksvertretung umfasst 40 Mitglieder und 14 Nachfolgekandidaten.
Dieses Wahlergebnis wird vor der konstituierenden Sitzung der Gemeindevertretung am 1. Juni 1989 in einem Referat erläutert, welches mit der folgenden Einleitung beginnt:
..."Die Wahlen am 7. Mai 1989 standen ganz im Zeichen der weiteren Durchsetzung der Beschlüsse des XI. Parteitages der SED und der großen Volksinitiative zur Vorbereitung des 40. Jahrestages der Gründung der DDR. ... Insgesamt ist einzuschätzen, daß die diesjährigen Kommunalwahlen ein erneuter überzeugender Vertrauensbeweis der Bürger unserer Gemeinde für die Kandidaten der Nationalen Front und somit für die Fortsetzung der bewährten Politik des XI. Parteitages für die Sicherung des Friedens und für eine weitere dynamische Entwicklung unseres sozialistischen Vaterlandes waren. ..." [21, 01. Juni 1989]
Ab dieser Zeit schreitet der Machtverfall der SED schnell voran. Zum 40jährigen Bestehen der DDR im Oktober 1989 befindet sich die Regierung bereits in einer schweren Krise. Massenflucht von Bürgern und Demonstrationen gegen die politische Führung sind täglich gegenwärtig. Die Öffnung der innerdeutschen Grenze am 9. November 1989 löst in der DDR und BRD eine Welle der Euphorie aus. Besonders in der DDR werden Forderungen aus der Bevölkerung nach der Wiedervereinigung beider deutschen Staaten laut. [3, S. 1145–1149] Die Ereignisse in der politischen Wende 1989/1990 sind vom Autor in [22] ausführlich beschrieben.
In einer Beratung am 02. November 1989 gibt es mit allen Vorsitzenden der Parteien, welche Mandatsträger für die örtliche Volksvertretung sind, volle Übereinstimmung darüber, dass der Führungsanspruch der SED nicht mehr existent ist.
"... ,daß wir in gemeinsamer Verantwortung die uns selbst gestellten territorialen Aufgaben im Interesse unserer Bürger und des Territoriums abarbeiten wollen. Es ist trotzdem notwendig zu sagen, daß die Vorsitzenden der Ortsgruppen der LDPD, der NDPD, der CDU und des Ortsausschusses der Nationalen Front in ihrer Argumentation der weiteren Zusammenarbeit davon ausgingen, daß der für sich allein in Anspruch genommene Führungsanspruch der SED nicht mehr existent ist, so daß künftig bei allen Handlungen auch in unserem Territorium die konsequente Gleichberechtigung aller politischen Parteien durchzusetzen ist." [21, 14. Dez. 1989]
Der sturen Parteipolitik der SED war man überdrüssig. Unter dem Druck der Ereignisse gab es von der Ortsparteileitung der SED keinen Widerstand. Die auf das SED-Regime eingeschworenen Kommunisten hatten im Ort nicht die Oberhand. Die große Revolution auf der Straße hat in Sandersdorf nicht stattgefunden. [23]
Die Volkskammer beschließt am 1. Dezember 1989 auf Antrag aller Fraktionen den in der Verfassung verankerten Führungsanspruch der SED zu streichen. Der Vorstand der SED-PDS entscheidet am 20./21. Januar 1990 die von Krisen geschüttelte Partei nicht aufzulösen, sondern als Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) weiterzuführen. [14]
Der "Runde Tisch" vereinbart freie Volkskammerwahlen für den 18. März 1990. Bei diesen Wahlen setzt sich überraschend deutlich die »Allianz für Deutschland« (48,05 %), ein Wahlbündnis aus CDU, "Demokratischer Aufbruch" (DA) und der "Deutschen Sozialen Union" (DSU), durch. Die Mehrheit der Wähler/innen stimmt für eine rasche Währungsunion und Vereinigung der DDR mit der BRD. [14, S. 389–390]Erste freie Kommunalwahlen in der DDR für Kreistage, Stadt- und Gemeinderäte finden am 6. Mai 1990 statt.
Wahlberechtigte 6123 Wähler 4404 Wahlbeteiligung 71,92 % Gültige Stimmzettel 4178 Ungültige Stimmzettel 226
Stimmen Mandate CDU 5455 13 SPD 2547 6 BFD 1750 4 PDS 1454 4 Bürgerbewegung 1107 3 ------- 30
Es werden nur 28 Abgeordnete erreicht. G. Bieder (vorher SED — Bürgermeister bis Mai 1990) kandidiert als Parteiloser auf der Liste der Bürgerbewegung. Die Liste der Bürgerbewegung erhält zur Wahl so viele Stimmen (1107), dass sie drei Abgeordnete hätte stellen können. G. Bieder stand allein auf dieser Liste.
3 Abgeordnete für den Vorstand der Gemeindevertretung.
Jeweils ein Sitz für die Fraktionen der CDU, SPD und BFD.
CDU und BFD gehen eine Koalition ein.
Die Koalition schlägt übereinstimmend Wolfgang Thiel (CDU) für das Amt des
Bürgermeisters vor, welcher daraufhin gewählt wird.
Am 3. Oktober 1990 tritt die DDR der BRD nach Artikel 23 des Grundgesetzes bei. Die DDR hört damit auf zu existieren.
Die Massenorganisationen spielen bei den Wahlen keine Rolle mehr. Bei den Wahlen zum Gemeinderat und Kreistag erreicht die CDU die meisten Stimmen (Bild 17 und 19).
Am 07. Juni 2009 finden Kommunalwahl und Europawahl statt. Aus den Kandidatinnen und Kandidaten der Gemeinden Sandersdorf, Glebitzsch, Petersroda und Roitzsch sowie der Stadt Brehna, die sich am 01.07.2009 zur Stadt Sandersdorf-Brehna vereinigen, wird der gemeinsame Stadtrat gewählt. Auf dem Stimmzettel dürfen maximal drei Stimmen vergeben werden.
Bild 17. Wahlen zum Gemeinderat 1990 bis 2004, ab 2009 zum Stadtrat Sandersdorf–Brehna [24] [25]
Bild 18. Bürgermeisterwahl vom 6. Mai 2001 [26]
Der Bürgermeister der Gemeinde Sandersdorf wird am 30. März 2008 mit einer Wahlbeteiligung von 36,4 % neu gewählt. Die gültigen Stimmen verteilen sich auf:
Andy Grabner (CDU) | 72,7 % |
Udo Mölle (DIE LINKE) | 27,3 % |
Damit wird Andy Grabner zum Bürgermeister gewählt [30].
Wahlbeteiligung: 30,2 % | Stimmen |
Uwe Schulze (CDU) | 88,4 % |
Ronald Maaß (Die Linke.) | 11,6 % |
Bild 19. Kreistagswahlen 1999 – 2007 [26]
Der Bundestag hatte am 25. Juni 1953 das neue Wahlgesetz verabschiedet, das die 5%–Klausel einführt. Das Gesetz erschwert kleineren Parteien den Einzug ins Parlament und begünstigt klare Mehrheiten. Damit zieht der Bundestag die Konsequenzen aus negativen Erfahrungen der Weimarer Republik (1918 – 1933). [3, S. 969]
Miteinander verknüpft sind Mehrheits– und Verhältniswahlrecht, was sich auf dem Wahlzettel durch Erst– und Zweitstimme zeigt. Im Wahlkreis bestimmt man den gewünschten Abgeordneten mit der Erststimme (Personenstimme), die bevorzugte Partei mit der Zweitstimme (Parteienstimme). Die Zweitstimme ist für die Sitzverteilung maßgebend.
Der Kandidat, der im Wahlbezirk die meisten Stimmen erhält, wird direkt in das Parlament gewählt (Mehrheitswahlrecht). Im Verhältnis zu den für die Partei abgegebenen Stimmen werden in einem Proportionalverfahren die Mandate vergeben (Verhältniswahlrecht). Welche Kandidaten Zweitstimmenmandate erhalten, wird nach den von der jeweiligen Partei aufgestellten Landeslisten entschieden. Wenn eine Partei mehr Direktmandate erhält, als ihr auf Grund des Anteils der Zweitstimmen zustehen, so verbleiben ihr diese Sitze (Überhangmandate). [27]
Wahlplakate mit ihren Bildnissen und Schlagworten sollen den Wähler auf den Wahlkampf einstimmen. Die ideologischen Orientierungen der Parteien unterscheiden sich offenkundig voneinander. Deshalb lassen sich Parteien eindeutig einem rechten oder linken Spektrum zuordnen. Ihre Positionen entsprechen im Großen und Ganzen ihrer Eigendarstellung (Bild 20 bis 26). [2, S. 102]
Bild 20. Plakate zur Kreistags– und Landratswahl 22. April 2007
Bild 21. Plakate der NPD zur Kreistagswahl 22. April 2007
Bild 22. Plakate der DVU zur Landtagswahl 26. März 2006
Bild 23. Plakate der MLPD zur Landtagswahl 26. März 2006
Bild 24. Plakate zur Bürgermeisterwahl am 30. März 2008
Bild 25. Plakate zur Kommunalwahl und Europawahl am 07. Juni 2009
Bild 26. Plakate zur Bundestagswahl am 27. September 2009
Die prozentuale Stimmverteilung der Sandersdorfer Wähler/innen zu den Landtags–, Bundestags– und Europawahlen ist aus den folgenden Diagrammen zu ersehen (Bild 27 bis 31) [26].
Bild 27. Landtagswahlen 1994 – 2006 (Erststimmen) [26]
Bild 28. Landtagswahlen 1994 – 2006 (Zweitstimmen) [26]
Bild 29. Bundestagswahlen 1990 – 2009 (Erststimmen) [26]
Bild 30. Bundestagswahlen 1990 – 2009 (Zweitstimmen) [26]
Der Wähler hat für das Europaparlament nur eine Stimme für eine Liste. Parteien oder politische Vereinigungen sind auf dem Stimmzettel als Listen aufgestellt.
Bild 31. Europawahlen 1994 – 2009 [26]
Der Anteil derer, die ihr Wahlrecht nicht mehr gebrauchen, nimmt seit den frühen 1980er–Jahren in der Bundesrepublik Deutschland merkbar zu. Den Volksvertretern läuft das wählende Volk weg. Besonders beunruhigend ist, dass viele Jugendliche nicht zur Wahl gehen. Bei ihnen sei die Parteiverdrossenheit am größten und die Wahlbeteiligung im Vergleich zu anderen Bevölkerungsgruppen am geringsten. Dieser Trend weist auf einen gesellschaftlichen Wandel hin. Während einige in diesem Trend den Niedergang der Demokratie sehen, begründen andere dies mit der Reifung des politischen Systems. Letztere auch mit beruhigendem Blick auf Großbritannien, die Schweiz und die USA, weil dort der Anteil der Nichtwähler wesentlich größer ist. [28]
Für die steigende Anzahl der Nichtwähler werden aufgeführt [28] [29]:
Bild 32. Wahlbeteiligung in Sandersdorf, ab 2009 in Sandersdorf–Brehna [4] bis [12] [15] [24] bis [26]
Niedrige Wahlbeteiligungen werden in Sandersdorf bei der Europawahl 2004
(39,1 %), der Landtagswahl 2006 (39,6 %) und der Kreistagswahl 2007 (35,0 %)
festgestellt [26]. Bei der Stichwahl zum Landrat für Anhalt–Bitterfeld am
6. Mai 2007 beträgt in der Gemeinde Sandersdorf die Wahlbeteiligung nur 30,2 %.
Eine untere Grenze der Wahlbeteiligung, bei der die Wahl ungültig wäre, gibt es
in Deutschland nicht.
Mit den Wahlen zum Stadtrat, Bundestag und Europaparlament im Jahr 2009 setzt
sich der Trend zu geringer Wahlbeteiligung fort (Bild 32).
Bei einer vom Institut Infratest dimap in Sachsen–Anhalt durchgeführten
Studie sagen rund drei Viertel der Befragten, dass die Politik ihre
Interessen nicht angemessen vertritt, fühlen sich nicht ernst genommen [34].
[1] | Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, Textausgabe, Stand: Juli 1998. Bundeszentrale für politische Bildung |
[2] | Mintzel / Oberreuter (Hrsg.): Parteien in der Bundesrepublik Deutschland. Landeszentrale für politische Bildung Nordrhein–Westfalen, Düsseldorf 1990. ISBN 3–89331–051–7, ISSN 0435–7604 |
[3] | Chronik der Deutschen, Chronik Verlag im Bertelsmann-Lexikon Verlag GmbH, Gütersloh/München 1996 |
[4] | Gustav Krug: Chronik von Sandersdorf (Kr. Bitterfeld), Druck von Wilhelm Lauffs, Holzweissig–Bitterfeld, 1929 |
[5] | Bitterfelder Tageblatt vom 15.09.1930, Stadtarchiv Bitterfeld |
[6] | Bitterfelder Tageblatt Nr. 178 vom 01.08.1932, S. 9, Stadtarchiv Bitterfeld |
[7] | Bitterfelder Tageblatt Nr. 262 vom 07.11.1932, S. 8, Stadtarchiv Bitterfeld |
[8] | Bitterfelder Tageblatt Nr. 55 vom 06.03.1933, S. 8, Stadtarchiv Bitterfeld |
[9] | Bitterfelder Tageblatt Nr.84 vom 11.04.1932, S.7, Stadtarchiv Bitterfeld |
[10] | Bitterfelder Tageblatt Nr. 96 vom 26.04.1932, Stadtarchiv Bitterfeld |
[11] | Bitterfelder Tageblatt Nr. 55 vom 06.03.1933, S. 8, Stadtarchiv Bitterfeld |
[12] | Bitterfelder Tageblatt Nr. 61 vom 13.03.1933, S. 5, Stadtarchiv Bitterfeld |
[13] | K. Menzel: Der antifaschistische Widerstandskampf im Kreis Bitterfeld. Herausgeber: Kommission zur Erforschung der Geschichte der örtlichen Arbeiterbewegung bei der Kreisleitung Bitterfeld der SED, 1985. |
[14] | H.G. Lehmann: Deutschland–Chronik 1945 bis 1995, Bundeszentrale für politische Bildung, Schriftenreihe Band 332, Bonn 1996 |
[15] | Wahlunterlagen 1946 – 1951. Landkreis Bitterfeld, Archiv, Bestand Sandersdorf, Signatur 33 |
[16] | Gesetzblatt der DDR, Nr.55, Berlin, 10. Mai 1951 |
[17] | mdr.de special: Damals in der DDR. Lexikon Volksvertretungen |
[18] | Sitzungen der Gemeindevertretung, Protokolle 1952 und 1954. Landkreis Bitterfeld, Archiv, Bestand Sandersdorf, Signatur 39 |
[19] | Unser Staat — DDR–Zeittafel 1949 – 1988. Herausgeber: Akademie für Staats– und Rechtswissenschaft der DDR. Dietz Verlag Berlin 1989 |
[20] | Akten der Sekundarschule "Gisander", Chronik 1940 – 1965, Gemeindearchiv Sandersdorf |
[21] | Protokolle der 1.-7. Sitzung der örtlichen Volksvertretung / des Rates vom 01.Juni 1989 bis 29.März 1990. Archiv der Gemeinde Sandersdorf AKZ 1024.10/05 |
[22] | K. P. Synnatzschke: Historisches aus der Gemeinde Sandersdorf — Die Wende 1989/90 |
[23] | G. Bieder, Bürgermeister a.D., Sandersdorf |
[24] | Bericht der Gemeindewahlkommission zur konstituierenden Sitzung der Gemeindevertretung Sandersdorf am 31.05.1990 zum Ergebnis der Kommunalwahlen am 06. Mai 1990, Archiv der Gemeinde Sandersdorf, Aktenzeichen 1024.10/05 |
[25] | "Der Lindenstein" Amtliches Mitteilungsblatt für die Verwaltungsgemeinschaft Sandersdorf Jahrgang 4, 21.06.2002, Nr.12; Jahrgang 9, 25.06.1999, Nr.13, S. 4–5; 14.Jg. Nr. 12, 18. Juni 2004, S. 3–4 |
[26] | Statistisches Landesamt Halle, www.stala.sachsen–anhalt.de, www.statistik.sachsen–anhalt.de |
[27] | Die Wahlen — Lebensgrundlage der Demokratie, 2. aktualisierte Auflage 1986. Herausgeber: Niedersächsisches Ministerium des Innern |
[28] | Jacob Comenetz: Geringe Wahlbeteiligung als Problem — Wahl 2005, Deutsche Welle 13_09_2005.htm |
[29] | Karl–Rudolf Korte: Nichtwähler und Protestwähler, Bundeszentrale für politische Bildung. |
[30] | "Der Lindenstein" Amts– und Mitteilungsblatt der Gemeinde Sandersdorf, 18. Jahrgang , Nr. 6, 04.04.2008, S. 1 |
[31] | Bitterfelder Tageblatt, Nr. 49 vom 27.02.1933, S. 5 , Stadtarchiv Bitterfeld |
[32] | Bitterfelder Tageblatt, Nr. 81 vom 05.04.1933, S. 5 , Stadtarchiv Bitterfeld |
[33] | Bitterfelder Tageblatt, Nr. 43, 20.02.1934, S. 6 , Stadtarchiv Bitterfeld |
[34] | Mitteldeutsche Zeitung, Mitteldeutschland, 14.10.2009, S.3 |
Bildnachweis | |
Bild | |
1, 2, 3, 4, 5, 6, 9, 10, 11, 13, 17, 18, 19, 27, 28, 29, 30, 31, 32 | Diagramme von K.P. Synnatzschke, Sandersdorf, nach den angegebenen Quellen dargestellt |
7, 8 | H. Penzel, Sandersdorf |
12 | [15] Wahlunterlagen 1946 – 1951. Landkreis Bitterfeld, Archiv, Bestand Sandersdorf, Signatur 33 |
14 | [16] Gesetzblatt der DDR, Nr.55, Berlin, 10. Mai 1951 |
15 | F. Erben, Sandersdorf |
16 | [20] Akten der Sekundarschule "Gisander", Chronik 1940 – 1965, Gemeindearchiv Sandersdorf |
20, 21 | K.P. Synnatzschke: Wahlplakate vor der Kreistagswahl 2007 in Sandersdorf |
22, 23 | K.P. Synnatzschke: Wahlplakate vor der Landtagswahl 2006 in Sandersdorf |
24 | K.P. Synnatzschke: Wahlplakate vor der Bürgermeisterwahl am 30. März 2008 |
25 | K.P. Synnatzschke: Wahlplakate vor der Kommunalwahl und Europawahl am 07. Juni 2009 |
26 | K.P. Synnatzschke: Wahlplakate vor der Bundestagswahl am 27. September 2009 |
Letzte Änderung: 28. November 2009
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